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[GAA, Bd. V, S. 90]

 


Buchhändler zum Abendessen; lebt wohl! Antwortet mir
bald! bald!
                             Euer treuer, treuer
Meine Adresse:    Sohn
an Chr. Grabbe, wohnhaft    ChDGrabbe.
bei dem Herrn Rost, Fleischergasse    
nro. 241 in Leipzig.    

  [Adresse:] Handschrift An den Herrn Zuchth. und Leihbanks-Verwalter
Grabbe in Detmold. Cito.
10        Hochwohlgeborner Herr!
        Verehrtester Herr Geheimrath!

  Ihrer ausgezeichneten Güte bin ich die drei schönsten Monate
meines Lebens schuldig, und selbst auf die Gefahr Sie zu
langweilen, bin ich verpflichtet Ihnen Rechenschaft aus der
15Ferne zu geben. Ich reis'te natürlich ein wenig trübe von
Dresden ab, und kam so nach Leipzig, wo ich mit mehreren
Jugendfreunden die letzten Blüthen der Erinnerung abpflückte.
Ermuthigt durch den Gedanken an Ewr Hochwohlgeboren
trat ich nachher in Braunschweig vor Klingemann, und die
20Schonung und Humanität, mit welcher Sie mich behandelt
hatten, war einer der Trostgründe, welche mich aufrecht erhielten,
als mir die Anstellung abgeschlagen wurde. Gewiß
bin ich es zum größten Theil Ihrem Beispiele schuldig, daß mir
die dasige Theaterdirection eins meiner Stücke mit 30 rthlr.
25abkaufte, welche mich in den Stand setzten, nach Hannover
zu eilen und mich dort zu erbieten, von der Pike auf an
der Bühne zu dienen. Aber leider war der Freiherr Grothe
eben nach Süddeutschland gereis't, und ich konnte auf der
Stelle keine sichere Antwort erhalten. Ich hielt für meine
30Pflicht, nicht länger das Geld auf's Ungewisse hin im Gasthause
zu verzehren, sondern zu Fuße einige Thaler zu meinen
Eltern zu tragen. Mich ergriff's wie ein Krampf, als ich über
die schwärzlichen Berge meiner Heimath, dem traurigen Wiedersehen
entgegen klettern mußte. Doch genug von allem, —
35ich habe kein Recht, Sie an meiner Lage Theil nehmen zu
lassen, — sie ist zu abscheulich. — Bisweilen habe ich die
Idee, mich nach Bremen zu dem neu entstehenden Theater