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GAA, Bd. I, S. 333 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 333]

 


Mir nicht im Wege stände! — Still, ich schreie
Zu heftig! — Leise, leise! — Man möchts hören!
Leise
— Auch werd ich alt: die Zeit ist meine Krankheit —
5Sie zehrt mir in dem tiefsten Marke!
Durch meiner Augen Fenster schaun nicht mehr
Die Löwen, wie wohl ehedem, — sie sind
Zu einem gelben, welken Herzchen ein-
Geschrumpft!
10                — Wenn ich so an die Hergänge
Des Römerreichs und meines Lebens denke:
Wie ich erst Lämmer führte, dann Nationen,
Wie ich die Kimbern heut ausrottete,
Und morgen auf Karthagos Trümmern saß,
15Und wie ich heute wieder dieses Rom
Mit seinem Blute übergieße, wie
Mit seiner Abendröte — so erscheint
Die Himmelswölbung mir beinahe als
Das Innre eines ungeheuren Schädels
20Und wir als seine Grillen! — Ich bin eine,
Die er, so sehr ich mich auch sträube, im
Begriff ist, zu vergessen!
Er geht unruhig durch das Gemach. — Da es dunkel wird,
tritt er ans Fenster 25
                    Wieder lischt
Ein Tag aus, und wie seine Kohle, bleibt
Die schwarze Nacht zurück!
Ein Sklav kommt mit brennenden Fackeln und stellt sie im
Zimmer auf 30
Marius lächelnd Sklav,
Was bebst du?
Der Sklav Herr —
Marius Du scheinst dich recht zu fürchten!
Sklav In Eurer Nähe wird es einem —
35Marius Komm!
Was flüstert man in Rom von mir?
Sklav Man nennt Euch
Den Kimbrier.
Marius Den Kimbrier? Das klingt
40Nicht übel! Weißt du auch, weshalb
Sie mich so nennen?