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[GAA, Bd. I, S. 371]

 


Wie tief wir unter unsrer Väter Größe
Gesunken sind, jedoch in feiger Ohnmacht
Verbarg ichs vor mir selbst und gab mich gern
Freiwillger Täuschung hin: die jetzge Stunde
5Hat mich davon geheilt: das Volk ist bang
Und hohl: für Tugend hat es keinen Sinn,
Und auch nicht einmal Kraft genug zum Bösen;
Handschrift Erstdruck Wir Senatoren, ein vermischt Geschlecht
Von wirklichen Patriziern und hoch
10Gestiegenen Plebejern, sind kaum besser,
Wir haben Gold, allein Gemeingeist, Mut
Und Treue sind dafür verkauft. So bleibt
Dem Lande nichts als eine Anzahl Heere,
Und diese sind nicht stark durch innre Güte
15(Wie wär das möglich bei Banditenscharen!)
Vielmehr bloß dadurch, weil sie schwach genug
Sind, dem Verwegensten am furchtsamsten
Zu folgen! Augurn sind uns nicht mehr nötig:
Ich seh die Schlacht schon, die dem klügsten Feldherrn
20Die Königskrone auf das Haupt drückt! Wer will
Fortan sich unnütz mühen, um den Zug
Der Vögel zu beachten? Königsblicke
Entscheiden das Geschick weit sicherer!
Cornutus O Catulus! Du Lästrer deines Ruhms!
25Handschrift Seit wann hat dich der Marius in Sold
Genommen? Oder bist du gar ein Knecht
Des Mithridat? Dein Leben ist verwirkt:
Du hast von Königen geredet!
Crassus der Vater Gehe hin,
30Erstdruck Erlöse uns von deinem Angesicht,
Es ist verzerrt von Feilheit, Angst und Schmach!
Catulus Wohl mir! Die Wahrheit kennt man jedesmal
An ihrem bittren Kern!
Octavius Mir scheints
35Ein Zeichen eurer Schwäche, Freunde, daß ihr euch
Durch Worte so bewegen laßt. Man muß
Handschrift Das Schlimmste glauben und das Beste hoffen;
So wird man nicht getäuscht. — Was Catulus
Gesagt, war in der Tat nicht ohne Weisheit,
40Es hatte Grund, obgleich er übertreibt.
— Die guten Zeiten sind dahin. Uns fiel