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[GAA, Bd. I, S. 404]

 


gonnen hat und der junge Marius bereits nach Präneste zu-
rückgedrängt ist. Nachher kommt Meldung, daß Präneste
vom Sulla erstürmt und auf dessen Befehl vom Catilina ab-
gebrannt worden. Auch das Gerücht vom Tode des jungen
5 Marius verbreitet sich, zugleich mit dem Bericht von Um-
ständen, welche dienen können, einiges Interesse für den
Untergang dieses Mannes zu erwecken.
Erstdruck  Dritte Szene
Der noch rauchende Schutthaufen von Präneste. Pompejus
10 still und ernst, Catilina in charakteristischer Freude auf den
Trümmern
Der Zuschauer erfährt, daß die übriggebliebenen Anhänger
der marianischen Partei zum Pontius Telesinus, dem
Oberhaupt der Samniten, geflüchtet sind. In der Furcht,
15 welche die Soldaten des Sulla vor diesem Manne und dessen
Völkern hegen, kündigt er sich als ein zweiter Hannibal an,
welcher Völker führt, die wilden Raubtieren ähnlichen, und
Rom bis in den Tod hassen. — Man vernimmt, wie Sulla ohne
weiteres Erbarmen gesagt hat: „ich will keines Menschen
20 schonen, der die Waffen gegen mich getragen. Sie sollen alle
bis auf einen Mann umkommen.“ Hiernächst hat er die
Pränestiner, welche sich insgesamt wider ihn verteidigt,
niederhauen lassen. Als der Bürgerhaufe, bleich und zit-
ternd, das Leben flehend, um ihn kniete, rief er:
25                    „Was? hat
Der Erdball einen grauen Kopf bekommen?
Erbleicht, wie weiße Haare, steht um uns
Der Pöbel! Reißt ihn aus!“
— Sulla selbst tritt auf. Er übersieht den weiten Aschenhaufen,
30 aus eingestürzten Häusern und verbrannten Menschen be-
stehend. Momentan fällt ihm der Gedanke ein, daß es mög-
lich sein könnte, über diese Verwüstung Erstdruck einstmals Reue zu
fühlen, er bricht in den alle Umstehenden erschütternden
Naturschrei aus:
35          Handschrift  „Entsetzlich! schrecklich! ungeheuer!“
— Doch schnell ist Sulla beruhigt, und belächelt seinen mensch-
lichen Ausruf, dessen Natur er zugleich richtig beurteilt.