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GAA, Bd. I, S. 425 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 425]

 


— He! Leporello! Leporello!
Leporello kommt
Mein Arm! mein Arm! dem Feldscher hing das Haupt,
Als er ihn sah, gleich einer Tränenweide —
5Der Doktor legt' an seine Nas den Finger
Wie eine Lunte, und dann brach er los
Von Skrupeln, Skrofeln und von Kachexie!
Durch Euch bin ich ein Krüppel auf zeitlebens!
O welch ein Lohn für meine treuen Dienste,
10O welch ein Gang der Welt!
Don Juan Ich rate dir,
Sei still! Sonst sollst du vor der zweiten Wunde
Die erste bald vergessen. — Kennst du
Die Dienstmagd Donna Annas?
15Leporello Herr, was denkt Ihr?
Ich eine Dienstmagd kennen! Und zwar diese!
Erstdruck Don Juan
Verstell dich nicht! Du schleichst auf mein Gebot
Drei Tage schon um dieses Haus, und hättest
20Das Mädchen übersehn? Sie leuchtete
Der Donna, als sie an das Fenster trat —
Ein schwarzes Aug, ein Grübchen in der Wange,
'Ne weiße Haut, ein zarter, voller Arm,
Und eine nette Taille, sind ihr gar
25Nicht abzusprechen.
Leporello Und das alles saht
Ihr, als der Blitz von Annas Schönheit auf
Euch fiel gleich einem Adler, wie Ihr sagtet?
Don Juan
30Warum nicht? Stand die Dienrin doch daneben.
Leporello Ihr seid ein Kraft-, Universal-Genie!
Die Herrin lieben, von der Dienerin
Entzückt, — und das so durcheinander während
Desselben Augenblicks — Weh mir! mir schwindelt!
35Don Juan Mensch, hältst du mich für einen albernen
Pedanten, eingewurzelt in Systeme?
Erstdruck Wo ich die Schönheit finde, schätz ich solche,
Und sei sie, welcher Art sie wolle.
Die Dienerin liebt anders als die Herrin,
40Und nur Abwechslung gibt dem Leben Reiz
Und läßt uns seine Unerträglichkeit