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[GAA, Bd. I, S. 479]

 


Schon hingekrümmt, sich wieder aufgerichtet —
Ich spür es: ebenbürtig sind die Geister,
Vom höchsten bis zum niedrigsten, und was
Der eine ist, wär er auch noch so groß,
5Das kann und darf der andre werden!
Der Ritter Werden!
Erzengel wollten werden, wurden Drachen!
Faust noch immer zur Donna Anna
Mein teures Mädchen, fürchte nicht — Ich weiß,
10Was Liebe ist, — weiß, daß sie eigentlich
Aus Kleinigkeiten, Augenzucken, Spiel
Mit weißen Händen, Wohlgefallen an
Erträglich schöner, nett geschniegelter
Gestalt, aus dunklem Trieb der Sinn' entsteht —
15Weiß auch, daß man mit Zuckerwörtchen, mit
Schlechten Sonetten, süßen Blicken, halb
Verstohlnem Angriff die Geliebte heimsucht, —
Ich weiß, daß alles das ein Tand nur ist, —
Doch dieser Tand wirkt auf mich, wie ein Fünkchen,
20Gefallen in die Pulvermin der Festung —
Nicht zarte Blicke, — urgeborne Kraft,
Erstdruck Glut bis zum Firmament erregt er mir —
Mit ihr trotz' ich Gott, Satan und mir selbst
— Drum, wenn ich diesen da erniedrige,
25Den Himmel stürme, Erd und Meer erschüttere,
So ists nur Lieb zu dir, die darin laut wird,
Jedoch in andrer Art als wie gewöhnlich!
                                
Mit ihm und peinigt ihn wie ich befohlen!
30Der Ritter Ah! Oha! Er wird fortgerissen
Donna Anna Gott beschütz mich! Welch Geschrei!
Das waren keine irdsche Töne — das
Vernahm kein Ohr noch, ohne daß das Herz
Gebrochen wäre.
35Faust So erklingts, wenn Zorn
Und Jammer, Rache, Schrecken und Zerknirschung
An unzermalmbarn Geisterfürsten malmen!
Donna Anna Mein Haupt! Mir schmerzt das Haupt!
Erstdruck Faust Ich hab Arznei
40Zur Heilung.
Donna Anna Weinend bitt ich dich um Gift,