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GAA, Bd. II, S. 100 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. II, S. 100]

 


                    Wohl, wohl, mit mir gehts auch zu Ende!
Die Wunden brennen überall —
                         Doch nach kriech ich
Des Herzogs Spuren!
5Er kriecht auf dem Wege, auf dem Heinrich der Löwe die
Bühne verlassen hat, fort
Erstdruck  Zweite Szene
Wüste Küste in Ostfriesland
Heinrich der Löwe liegt am Strande
10 Mathildis, wieder in weiblicher Kleidung, steht neben ihm
Heinrich der Löwe
Am Nordmeer liegt der Sachsenherzog, blickt
Ins unermeßliche Gewühl der Wogen, und
Sieht darin nur die eigene, vom Sturm
15Empörte Brust!
Mathildis Dem Sachsenherzog steht
Zur Seite Englands Königstochter, und
Erkennet ihren herrlichen Beruf:
Sie wandelte aus ihres Vaters Thronsaal,
20Mit ihrer Lieb der deutschen Helden Ersten
Im Mißgeschick zu trösten!
Heinrich der Löwe All der Nord
Erzitterte vor meinem Fuß, wie vorm Erdbeben —
Jetzt hab ich nur die Stelle noch, auf der
25Ich liege! Meine Stimme scheuchte Ritter auf,
Die Möwe flieht jetzt nicht einmal vor ihr!
Erstdruck Mathildis
Weit mächtiger als in des Glückes Schimmer
Durchtönt jetzt deine Stimme mir die Brust! —
30So unermeßlich liebt dich die Gemahlin,
Daß sie sich stark glaubt, Land und Volk und Ruhm
Durch ihres Herzens Schläge zu ersetzen!
Heinrich der Löwe aufspringend
Ein Feind — ein Feind! Ich habe das Gehör
35Des Kriegers auf der Wacht! — Gefährlich kriecht
Etwas heran!