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[GAA, Bd. II, S. 162]

 


wie ihn die Grundstücke gewähren.
Bürgermeister Rudlieb Deshalb laßt Ihr wohl so mächtig
an Eurem neuen Hause zimmern. Es ragt schon über alle
andren Häuser mit seinem roten Dache wie ein Hahnen-
5 kamm hervor.
Ratsherr Hagener Ich leugne nicht, es ist mir erst recht
wohl, wenn ich Winters so in meiner warmen Stube, schön
im Hause gelegen, sicher vor aller Gefahr sitze, und dann
denke: alles ist mein eigen.
10Erstdruck Bürgermeister Rudlieb — Sind Eure Schiffe mit Pech und
Pottasche aus der Ostsee zurück?
Ratsherr Hagener Gottlob, und gut beladen, unter Peter
Klausen. Es war höchste Zeit, denn es heißt wieder, der
Däne sperrte den Sund.
15Bürgermeister Rudlieb Daran sind die Lübecker schuld; —
sie beneiden unsren Bardewickschen Handelsflor, der ihnen
über den Kopf wächst, und stecken sich jetzt hinter die
Dänen, um uns wenigstens die Ostsee zu verschließen.
Ratsherr Hagener Bardewick bleibt doch oben, wenige Jah-
20 re habens bewährt, — es hat den Keim zu einer Eiche,
Lübeck nur zu einer Schlingpflanze.
Elisabeth kommt Guten Abend, lieber Vater, und geehrter
Herr Nachbar.
Bürgermeister Rudlieb Du kommst wie gerufen, Tochter.
25 Geh hin, hilf das Abendessen besorgen, und laß es hieher
bringen. In der freien Luft schmeckt es noch einmal so
köstlich.
Erstdruck Ratsherr Hagener O ich bitte —
Bürgermeister Rudlieb Nur still, still — Ihr müßt heute
30 bei mir vorlieb nehmen — nur Hausmannskost, ein wenig
Kaviar und ein paar Austern dabei, dazu ein gutes Glas
Rotwein, den gestern meine Seefahrer mir aus Bordeaux
mitgebracht haben.
Elisabeth ab 35
Ratsherr Hagener Eure Tochter ist doch die schmuckste
Dirne des Ortes. Hütet Euch nur vor dem Albrecht, dem
jungen Ratsschreiber, sie scheint mit ihm zu liebäugeln.
Bürgermeister Rudlieb Der arme Lump meine Tochter?
Eher sollen Wasser und Feuer sich vermählen.
40Ratsherr Hagener Was meint Ihr zu meinem Sohn, dem
Hermann? Wär der nicht ein Bräutigam für sie? Unsre