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GAA, Bd. II, S. 166 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. II, S. 166]

 


Wehrfried Umsonst! der Himmel ist bekanntlich schwer-
hörig.
Erstdruck Erster Bardewicker Gott, o Gott, gestern und heute!
Wehrfried Heute ists besser; gestern lief hier schnödes Ge-
5 sindel umher, heute ists fort.
Heinrich der Löwe mit Gefolge, Fürst Borvin und Graf
Borgholt darunter
Brennt weiter! — brennt! — Ein Brandmal werde dieses
Verräterische, undankbare Bardewick!
10Bardewicker Gnade!
Heinrich der Löwe
Ihr jämmerlichen, unverschämten Buben,
Nur eure übermäßge Feigheit kann
Es wagen, Stirn und Hand emporzuheben
15Und mich um Gnade anzuflehn! Ich wars,
Der euch begüterte, beschützte, — heuchelnd
Krocht ihr um meinen Fuß, solang ich Macht
Besaß, — doch seit ich sie verloren, wicht
Ihr von mir, wie die aufgescheuchten Vögel,
20Und da mein Haar nun weiß, mein Auge dunkel
Geworden ist, lacht ihr mich aus! — Seid ihr so elend,
Daß ihr den Nutzen, ihr den schlechten Wucher
Der Ehr und eurem Herzog überschätzt,
Erstdruck Den Kaiser mehr als ihn scheut, weil der Kaiser
25Der Stärkere jetzt scheint, so hättet ihr
Vor mir doch Ehrfurcht fühlen, aber nicht
(Was Barbarossa selbst nicht tat, und was
Sein Sohn, so wild er ist, gewiß nicht tun wird)
Mich höhnen sollen, — ihr kurzsichtgen Krämer,
30Die ihr nicht weiter seht als eure Elle,
Die ihr gut wisset, was das Gold bedeutet,
Doch nicht, was ein empörter Geist will sagen! —
— Jetzt lache ich und eure Häuser brechen ein!
Bardewicker O Elend! Jammer!
35Heinrich der Löwe zu seinen Kriegern
Barmherzig seid! Kürzt den Rebellen ihr
Gewinsel, ihren Jammer ab, und schlagt
Sie tot!
Bardewicker Wehe! Wehe!
40Sie werden erschlagen
Zwei sächsische Gewaffnete kommen