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[GAA, Bd. II, S. 231]

 


Braust aus der Kathedrale auf uns ein.
Wie eine ausgerißne Blume auf
Den Wassern schaukelt sich das Herz
Auf diesen mächtgen Orgeltönen. Was
5Geschah?
Constanze Weihnachten ist. Christ ward geboren,
Und brachte der mit Schuld beladnen Welt
Vergebung von dem Vater — Engel fielen,
Wie Blütenregen aus des Waldes Dunkel,
10Vom Himmel nieder, — arme Hirten sangen,
Und Kön'ge beteten zum Stern, der über
Der Krippe leuchtete zu Bethlehem —
Erstdruck Die Welt war glücklich, neugeboren — Ahme
Dem Heiland nach.
15Kaiser Heinrich Gemahlin, Gott nachahmen
Ist leicht gesagt, doch schwer getan. Er, der
Allwissende, Allmächtige, kann gut
Verzeihn, — wer kann ihm schaden? Aber
Bei schwachen Menschen ist es anders, — wir
20Bedürfen der Verräter, der Spione,
Der Henker und des Schwertes, uns zu schützen.
— — Heut Weihnacht! Wer vermöchte das zu ahnen,
Wenn er wie ich aus Deutschland eben kommt?
Da sieht es heute anders aus — Die Berge
25Vom Laub entblößt, beschneiet, kahle Glatzen —
Eis allethalb, und an der Blumen Stelle
Nur Kerzen — Hier die Aloen entfaltet,
Weithin in grünenden Alleen, wie Kelche
Der Wonne, übergroß, selbst wenn Titanen
30Draus schlürften, — dort die Berge, schwarzumblättert,
Wie lockge Negerhäupter schauend in
Die Gassen!
Constanze Feierst du das Fest nicht?
Erstdruck Kaiser Heinrich Ja,
35Ich feire es, und da es gut, wenn man
Ans Heilige das Irdsche knüpft, so soll
Zugleich mit diesem Fest gefeiert werden,
Daß ich, der wahre, der rechtmäßge Oberherr,
Neapel und Sizilien, so rasch
40Und glücklich durch die Fügung Gottes wieder
Errungen habe.