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[GAA, Bd. II, S. 566]

 


nahm dieses Provençale vermutlich dem ersten Teile des dritten
Bandes von Friedrich Christoph Schlossers „Weltgeschichte in zu-
sammenhängender Erzählung“ (Frankfurt am Main 1821), wo es
auf den S. 306—307 mitgeteilt ist. Es heißt dort: „Friedrich selbst
verstand und übte meisterhaft die damals von den Ufern des Ebro
bis an den Po blühende Wissenschaft der Provenzalen, er gab
davon einen glänzenden Beweis bey einer recht feyerlichen Gelegen-
heit“, nämlich, wie es erläuternd in der Anmerkung heißt, 1155,
als er über Turin in die Provence gegangen sei. Damals hätten
sich die Provinzialsänger um den Kaiser vereint und er ihnen
ihre Lieder mit dem berühmten dizain zurückgegeben.
  Schlossers Wiedergabe des Textes ist nicht korrekt; Karl Bartsch
teilt ihn im fünften Abschnitt seines Aufsatzes über „Die Quellen
von Jehan de Nostradamus“ („Jahrbuch für romanische und eng-
lische Sprache und Literatur“, N. F. Bd 1, der ganzen Reihe
Bd 13, Leipzig 1874, S. 121—22) in folgender Form mit:
Plas my cavallier frances
e la donna catallana,
e l'onrar de Gynoes
e la cour de Kastellana,
lou kantar provensalles
e la dansa trivyzana,
e lou corps aragonnes,
e la perla julliana,
las mans e kara d'Angles
e lou donzel de Thuscana.
  Schlosser hat einigen Stellen seines Textes eine Verdeutschung
beigefügt. Verwendet man diese, so ergibt sich die folgende wört-
liche Übersetzung:
Mir gefällt der Ritter aus Frankreich
Und die Dame aus Katalonien
Und die feine Lebensart des Genuesen
Und die Hofsitte Kastiliens,
Der provenzalische Gesang.
Und der Tanz von Treviso
Und der Wuchs Arragoniens
[Die achte Zeile ist verderbt und daher nicht übersetzbar.]
Hand und Gesicht des Engländers
Und das Mägdlein von Toskana.
  Grabbe hatte den fraglichen Band der Schlosser'schen „Welt-
geschichte“ bereits im Frühjahr 1825 kennen gelernt (Entleihung
am 27. April). Am 25. März 1829, zu einer Zeit also, da die
Arbeit am „Barbarossa“ ihrem Ende entgegenging, entnahm er ihn
von der Öffentlichen Bibliothek zu Detmold zum zweiten Male.
  In Karl August Böttigers Besprechung des „Kaiser Friedrich
Barbarossa“ („Wegweiser im Gebiete der Künste und Wissenschaf-
ten“ Nr. 79, Beilage zu Nr. 237 der Dresdner „Abend-Zeitung“ vom
3. Oktober 1829, S. 313—14) findet sich (S. 314) der Satz: „Wer
wird da, wo der Kaiser selbst ein provenzalisches Lied singt, es
mit der Zeitrechnung so genau nehmen.“ Gegen diesen Zweifel
setzt sich Grabbe in seinem vom 15. November 1834 datierten