Das Christian-Dietrich-Grabbe-Portal
 
GAA, Bd. II, S. 164 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. II, S. 164]

 


Ratsherr Hagener Fort, fort! Da sprengen schon die vor-
dersten slavischen Reiter des Fürsten Borvin durch das
Korn.
Bürgermeister Rudlieb Durchs Korn? durch unser Eigentum,
5 die Gottesgabe? Ist das erlaubt?
Ratsherr Hagener Zur Stadt! zur Stadt! Uns verteidigt —
Leben, Häuser, Frau und Kinder, alles geht sonst darauf.
Bürgermeister Rudlieb Sollte das möglich sein? — Meinen
Stock her —
10Ratsherr Hagener Habt ihn ja in der Hand!
Bürgermeister Rudlieb Elisabeth, meinen Hut — Mantel
— Sind unsre Koffer fest verschlossen?
Elisabeth die Hände ringend O Vater! Vater!
Ratsherr Hagener Verschlossen? Sagt lieber versteckt —
15 Denn finden die Feinde die Koffer erst, gebrauchen sie
Erstdruck gewiß nicht Schlüssel, sondern Streitkolben und Äxte.
Truppen Heinrichs des Löwen, unter ihnen Wehrfried, treten
auf
Alle Anwesende Weh, Weh, da sind sie!
20Flüchten davon, bis auf den Bürgermeister, der vor Schrecken
sich kaum zu rühren vermag
Wehrfried Hoch Welf! Nieder, Herr Kaufmann!
Bürgermeister Rudlieb Mein Gott, zurück den Speer, ich
bin hier Bürgermeister und Patrizier.
25Wehrfried Das ist hier ganz egal, Eure Hochwohlgeboren.
Zwischen uns beiden ist nur der Unterschied, ob Ihr mich
mit Eurem Käsemesser da an der Seite durchstechen könnt,
oder ich Euch mit dieser Waffe niederstoße.
Er stößt ihn durch 30
Bürgermeister Rudlieb Weh mir — ich habe den Speer
in der Brust — Unmöglich, es kann nicht sein, — und
doch — Ich saß hier eben so ruhig —
Er stirbt
Heinrich der Löwe mit Gefolge kommt 35
Erstdruck Heinrich der Löwe
Sie sind bestürzt, sind überrascht! — Sturm, Sturm!
Die Graben durchgewatet, auf die Mauern!
Werft nach den Häusern, nach den Warenlagern
Pechfackeln — Krämer sinds — Nicht Geist, nicht Mut
40Besitzen sie, — verbrennt ihr ihre Ballen, reißt
Das Geld aus ihren Fäusten, sind sie nichts!