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[GAA, Bd. II, S. 172]

 


Erstdruck Erzbischof Konrad von Mainz
Frascati sagt man jetzt statt Tusculum,
Denn nicht ein einzges Haus blieb dorten stehn,
Und unter Zweigen wohnen seine Bürger.
5Nichts auf der Welt kann das entschuldigen.
Hermann von Thüringen
Er kommt. Der Nuntius geht ihm entgegen.
Erzbischof Konrad von Mainz
Und eines Blickes würdigt er ihn kaum.
10Kaiser Heinrich kommt mit Gefolge, setzt sich auf den
Thron, und wirft einen prüfenden Blick rund durch die
Reichsversammlung, den er jedoch unter einem grüßenden
Lächeln zu verstecken sucht. Dann für sich
Dieses die Reichsversammlung, die ich muß
15Beherrschen? — Schmeichelei und Trotz und Schrecken,
Schwebt mir nunmehr abwechselnd um die Schläfen
Wie lichte bald, bald dunkle Wolken um die Alpen.
Laut
Schwer ist das deutsche Szepter, — nur ein Gott
20Vermöcht es frei zu schwingen, wie's sich ziemt.
Neapels Herrscherstab, den ich zu tragen
Gewohnt bin, ist dagegen nur ein Spielzeug.
Zu schwach ist diese Hand — Darum verzeiht,
Ihr Mächtgen und Getreuen, wenn sie unter
25Der Last bisweilen schwankt und zittert.
Erstdruck Erzbischof Konrad von Mainz
Wir werden unsrer Pflicht gemäß dir helfen.
Kaiser Heinrich
Mein Thron kennt nur zwei Stützen — eure Liebe
30Und eure Kraft. Wo das Gebäude, das
Sich stärkrer Säulen rühmen dürfte?
                              — Kanzler,
Was haben wir zuerst hier zu verhandeln?
Der Reichskanzler
35Die streitge Bischofswahl von Lüttich.
Kaiser Heinrich Sage
Den Fall.
Der Reichskanzler Um Lüttichs bischöflichen Stuhl
Bekämpfen zwei Parteien sich: die eine
40Will mit dem Grafen von Retest, die andre
Mit Brabants Albert ihn besetzen.