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GAA, Bd. II, S. 195 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. II, S. 195]

 


Durch still Erscheinen diesem Hause sein
Geschick verkündet — Heute muß ich reden,
Denn Du, der Größte des Geschlechtes, sinkst
Dahin nun wie die Andern — Weh der Mutter,
5Die, mir gleich, ewig ihre Enkel blühen
Und welken sieht — Tief in das Grab
Dringt wie ein Wurm zu ihr der Schmerz, und peinigt
Sie an das Licht!
Heinrich der Löwe Weswegen weilst du, Mutter,
10Handschrift Nicht mit den andern Geistern in den Höhn
Der Himmel, fern von allem Schmerz der Erde?
Erstdruck Die Weisse Frau Ach,
Die Erde lieb ich immer, immer, weil
Ich da zuerst geliebt — 'Ne andre Liebe
15Begriff ich nie, und darum wandl ich nun,
Zu meiner Freude und zu meiner Strafe,
So lang auf ihr, bis sie zertrümmert.
Heinrich der Löwe Arme!
Kein Schreckgespenst, wie mancher hat gewähnt —
20Vielmehr so mitleidswert — Laß mich
An deinen Busen stürzen, denn ich kann
An keinem treueren verscheiden —!
Die Weisse Frau Halt —
— Noch eine Freude sollst du fühlen — Weither
25Durch Nacht und Sturm vernehm ich Rosseshufen —
Ein Myrtenkranz umflicht die feindlichen
Geschlechter — Hohenstaufens holde Agnes,
Heinrich, dein Sohn, mit ihr vermählt, und zwischen ihnen
Der Kaiser, sprengen her, um deinen Segen
30Zu ihrem Bündnis zu erflehn —
                        O
Auch dieser Bund vergeht mit seinen Myrten,
Erstdruck Mit Braut und Bräutigam, wie alles Irdsche —
Ich werd es sehen müssen!
35Handschrift Heinrich der Löwe Du Unselge!
Nur ewig, um das Ende jedes Anfangs
Zu schaun!
Die Weisse Frau Fast ward ich der Vergänglichkeit,
Des Glückes wie des Unglücks schon gewohnt —
40Wenn du die Blume pflückst, ist sie gebrochen,
Wenn du das Glück genießt, ist es verschwunden,