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[GAA, Bd. I, S. 476]

 


Donna Anna Sei Faust,
Sei Gott — Wähnst du, du könntest Lieb erzwingen?
Faust O Anna! Meteor der Liebe, blick
Nicht zürnend auf mich nieder. Als du blendend
5An meines Lebens Horizonte aufstiegst,
Des Himmels Schmuck, des Herzens Wonne, griff
Ich trunken nach dem Licht, das mich entzückte, —
Ich ward, ich blieb ein Kind — Was mich erfreute,
Wollt ich besitzen.
10Donna Anna Mußt du denn besitzen,
Was dich erfreut? — Unerreichbar wandeln
Die Sterne ihre Bahn, und jeder freut
Sich ihrer dennoch!
Erstdruck Faust Flitter, Tand die Sterne!
15In deinem Aug nur wohnt mir Leben — Tot
Bin ich, wenn du es mir entziehst. — O Himmel,
Was ist der Haß? der Zorn? Vergängliche
Empfindungen, nichts schaffend, selbst geschaffen!
Lieb ist die einzge schöpferische Allmacht!
20— O meine Brust! — sie schwillt empor — mir taumelt
Das Haupt! — All meine alten Welten stürzen
Zusammen, — neue Meere kochen auf
Und werfen neue Erden aus, wie Muscheln!
— Wie schrumpft mir alles ein, nur du nicht! — Für
25Das Fleckchen, das dein Fuß hier hat betreten,
Werf ich die ganze Welt weg — — Schämen sollt
Ich mich! — Und du Herzlose, Unbewegte,
Willst zu der Qual der Qualen mich verdammen,
Zur hoffnungslosen Liebe?
30                              Ha!
Antworte mir!
Erstdruck Donna Anna sehr ernst Wo ist mein Vater? — Fiel
Nicht Don Octavio? —
Faust O Abgottsschlange,
35So schön geschmückt, als grausam und zerreißend!
Donna Anna
Der Schreckliche! O rette, Gott! Sein Geist
Schnaubt nach der Liebe, wie nach Blut der Tiger!
Faust — — Sieh! grau und himmelhoch wie ein
40Senat uralter Erdtitanen, die
Im stummen eisgen Trotz zur Sonne schaun,