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GAA, Bd. II, S. 40 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. II, S. 40]

 


Kaiser Friedrich
Wie? Träum ich? Oder ists der Wahnsinn,
Erstdruck Der wüste Bilder um das Haupt mir jagt?
Du mich verlassen? Heut? Wo mich die Feinde
5Zahllos umfluten?
Heinrich der Löwe Deine eigne Schuld!
Kaiser Friedrich
Du scherzest, Heinrich! Deutschlands Ruhm, die Ehre
Des Kaisers, meines Lebens ganzes Trachten
10Steht auf dem Spiel — Ich bitte, werde ernsthaft!
Heinrich der Löwe
Ich bin es nur zu sehr! — Zieh mit! Was will
Für dich die winzge Lombardei bedeuten?
In Deutschland selbst liegt Deutschlands Kraft!
15Kaiser Friedrich So wenig
Kennst du der Hohenstaufen Ziele, Welfe?
Heinrich der Löwe
Ha, Welfe! Recht gelegen tönt der Name
Mir in das Ohr!
20Kaiser Friedrich Was Lombardei!
Nichts gilt sie mir! Als mächtigster der Fürsten,
Erstdruck Ward ich Vorfechter von Europa — Was wir
Bekriegen, ist die Anmaßung der Kirche!
Und da der Papst die Lombardei als Bollwerk
25Des Vatikanes mir entgegentürmt,
So ist zuerst das Bollwerk zu zerstören,
Bevor ich selbst mit diesem ehrnen Handschuh
Ihn fasse an der Brust! Und gehn Millionen
In diesem Kampf um Geistesfreiheit unter —
30Sie konnten nimmer schöner fallen, und
Ich sehe schon den Phönix, welcher sich
Aus ihrer Asche riesengroß, die Welt
Mit seines Fittichs Glanz vom Aufgang bis
Zum Niedergang durchblitzend, wird erheben!
35Heinrich der Löwe
Ich hörs: das beste ist, daß wir uns fliehen!
— Der Welfe strebt so kühn als der Waiblinger;
Doch nicht kämpft er um eitlen Wahn, der schon
Von selbst verfliegen wird. Er hofft am Nordpol
40Noch einst die Zeichen seines Hauses aufzupflanzen,
Als ewges Denkmal, daß er ward der Herr