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[GAA, Bd. IV, S. 99]

 


besitzt, hätte sich z. B. recht hüten sollen, Schiller und den
jetzigen König von Baiern am Schlusse seiner Kritik in eine
poetische Bekanntschaft zu bringen, die nie existirt hat. Andere
Journale machen es indeß eben so, und Mancher heult mit,
5weil er muß.

  Schmutz ist Schmuz und kommt er auch aus dem Palaste
eines sogenannten Dichterfürsten. Beschenkt dieser die Welt
mit Sächelchen, die wie die qu. Briefsammlung oft nichts enthalten,
als Einladungen zum gemeinsamen Ausfahren, Grüße
10an die liebe Frau, an Carlchen bisweilen dazu, so schütze uns
Gott, wenn etwa Napoleon, der an Kraft, Geist, Character
und Wirksamkeit etwas mehr als Goethe und Schiller bedeutet,
ja, auf ihre Dichtungen (Schillers Wallenstein, Goethe's Werke
seit 1813) sichtbaren Einfluß gehabt hat, alle seine Tagsbefehle,
15freundschaftlichen Billets, Licenzzettel pp edirt hätte.
Hält Goethe sich für so wichtig, glaubt es sey zu seiner und
zu Schillers dereinstigen Characterschilderung so nöthig, daß
er nach Schillers Tode diese Briefwechselei herausgibt, so hätte
er doch den Leser und das Papier mit den Visiten- und Küchen
20-Charten (denn viele Billette sind nichts weiter) verschonen
sollen. Er konnte ja, wenn „Grüße und Einladungen zum
Mitspeisen“ so große Bedeutung auf die Bildung und das Wesen
zweier Dichter haben, sie nur chronologisch anzeigen —
einige hundert Seiten hätte er gespart.

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  Wer diesen Briefwechsel in das Publicum gegeben hat, ist
auch im Stande, seine und Schillers abgetragene Hosen lithographiren
zu lassen. Goethe irrt sich aber, wenn er etwa
glaubt jeder Leser würde sein Verhältniß zu Schiller so annehmen,
wie es hier sich darstellt. Ohne Controlle nichts Gewisses
30in der Welt — Sollte Schiller an dritte Personen so
über Goethe geschrieben haben, wie an Goethe selbst? Man
hat Grund zu zweifeln, selbst nach der behutsamen Körner'
schen Biographie vor Schillers Werken. Es wäre dankenswerth,
wenn noch lebende Freunde Schillers, die mit ihm briefgewechselt
35haben, nun auch die empfangenen Briefe edirten.

  Das Widerlichste der qu. Briefwechselei ist der Anfang des
6ten Theils desselben, die Dedication an den jetzigen König
von Baiern. Meine Leser und ich werden sich freuen, wenn
dieser Punct beseitigt ist, darum zuerst Einiges über ihn. Man
40begreift die Verblendung nicht, mit der Goethe dergleichen
drucken lassen sollte. Der Besuch, den der Baierkönig ihm vor