Das Christian-Dietrich-Grabbe-Portal
 
GAA, Bd. II, S. 791 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. II, S. 791]

 


darin enthaltene Beleidigung des englischen Gesandten Lord Clan-
william schuldig gemacht hatte, mit sechs Monaten Festungshaft
büßen, die er im Sommer 1828 in Spandau absaß, doch hatte er
sich mit seiner Schrift ein solches Ansehn erworben, daß ihm der
Eigentümer der „Vossischen Zeitung“ im Herbst 1826 das ständige
Referat für Oper und Musik antrug. R. nahm an; am 3. November
erschien sein erster Bericht über die Aufführung von Webers
„Euryanthe“ im Königlichen Opernhause vom 31. Oktober. Dieses
Amt hat er bis zu seinem letzten Lebenstage innegehabt. Um seine
Ansichten auf musikalischem Gebiete eingehender darlegen zu kön-
nen, gründete er 1830 ein eigenes Organ, die Zeitschrift „Iris im
Gebiete der Tonkunst“, die sich bis 1841 gehalten hat. Als Musik-
kritiker zeigte er eine uneingeschränkte Vorliebe für die ältere
deutsche Musik; er verteidigte das Lebensrecht der deutschen Kunst
gegen die Bevorzugung der ausländischen, insbesonders der italieni-
schen und französischen. Dies machte ihn zu einem leidenschaftlichen
Gegner des an der Spitze des Berliner Musikwesens stehenden
Gasparo Spontini. Die Kunst der Berichterstattung, welche R. nicht
nur auf musikalischem Gebiete übte, verschaffte ihm eine große Popu-
larität. Sie wurde erhöht durch eine ausgedehnte Tätigkeit als Ver-
fasser von journalistischen Aufsätzen der verschiedensten Art, von
Gedichten und sangbaren, daher vielfach komponierten Liedern, von
Dramen, Reiseberichten und Korrespondenzen, von Novellen und
Romanen. Das erste Werk dieser Art ist „Algier und Paris im
Jahre 1830“ (Berlin 1830—31). Der erste Band (mit dem Untertitel
„Die Aventura“) schildert den Krieg Frankreichs gegen Algier, der
zweite und dritte (mit dem Untertitel „Die Juliustage“) die Straßen-
kämpfe in Paris, dessen Antwort auf die Ordonnanzen Karls X.
Ihm folgte (Leipzig 1834) der historische Roman „1812“, den der
Verfasser selbst als das Hauptwerk seines Lebens bezeichnet hat,
aus Eindrücken erwachsen, die einst der Knabe in Berlin empfangen
hatte, und in der Schilderung des Rückzuges der Großen Armee aus
Rußland gipfelnd.
   Verweis zum Text S.528, Z.26: Baumgarten, nicht der Dresdener Schriftsteller:
Vermutlich Detlev Carl Wilhelm Baumgarten-Crusius (1786 bis
1845), von 1817 bis Ende 1832 Konrektor an der Kreuzschule in
Dresden, seiner Vaterstadt. Außer der amtlichen Tätigkeit ist er dort
als Schriftsteller auf den Gebieten der klassischen Philologie, der
Pädagogik, der Geschichte und der Belletristik hervorgetreten, Mit-
arbeiter verschiedener gelehrter Zeitschriften, eine Zeitlang auch
mit Ferdinand Philippi Herausgeber des Dresdener „Merkur“ ge-
wesen. In zwei erbaulichen Briefromanen entwickelte er seine An-
sichten vom bürgerlichen und christlichen Leben: es erschienen 1816
„Die unsichtbare Kirche. Darstellungen des inneren Lebens in dem
äußern“, 1819 „Reise aus dem Herzen in das Herz“. Ihnen folg-
ten u. a. 1820 die humoristische Erzählung „Reise auf der Post
von Dresden nach Leipzig“, 1821 „Licht und Schatten. Darstellungen
aus der Schule des Lebens“ (2. unveränderte Aufl. 1824).
  S. 528, Z. 28 — Verweis zum Text S.529, Z.13:Cid In der stillen Mitternacht
[ bis ] Rodrigo, gute Nacht: z. T. wörtlich der vierzehnten Ro-
manze in Herders „Cid“ entnommen. Dies hat Albert Leitzmann