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[GAA, Bd. III, S. 137]

 


Anhänger, und Gisgon sammelt sich fleißig neue — Der
alte Melkir aber überlistet euch beide, und wird Karthagos
einziger Herr, oder er müßte nicht Melkir sein!
Erstdruck In Karthago
5 Platz vor der riesigen erzenen Bildsäule des Moloch
Ihre Hände glühen rot und dampfen
Mütter mit ihren Kindern auf den Armen knien ringsum mit
aufgelöstem, zur Erde wallenden Haar. Priester gehen kalt
zwischen ihnen und der Bildsäule auf und ab und nehmen
10 ihnen nach der Reihe die Kinder, um sie zu opfern.
Vieles Volk
Ein Weib blickt ihrem Kinde ins Gesicht Mein Knabe — er
lächelt und winkt nach den flammenden, nach ihm aus-
gestreckten Fäusten! — Kind, wie wehe mir, als ich Dich
15 gebar, und noch endlos weher, da man Dich mir entreißt
— Dein dunkles freundliches Auge bald Rauch! — Ha, da
nehmen die Priester der Nachbarin ihr Mädchen, nun
kommt die Reihe an mich! Hu!
Ein Priester Den Knaben.
20Das Weib Nehmt, verbrennt mich, und laßt ihn leben! Er
ist noch so jung, so schuldlos!
Erstdruck Der Priester Moloch will eben schuldloses Blut.
Ein zweiter Priester tritt hinzu, und nimmt dem Weibe das
Kind. Zum andern Priester Was zankst Du lange mit dem
25 Weib? Der Gott muß Opfer haben, der Staat ist in Gefahr!
Das Weib Ich auch! Sie drückt die Hände erst an die Brust,
dann an die Stirn Meer, erlösche die beiden Funken!
Stürzt ab
Melkir, Gisgon und Hanno kommen mit ihren Begleitern 30
Melkir Schön, Karthager, daß ihr so feierlich der Götter
gedenkt!
Die Mütter schaudern
Aber auch nie noch drohte uns größere Gefahr, noch nie
verlangte sie größere Opfer. Wir dürfen die größten nicht
35 scheuen, bräche uns auch darob das Herz, denn der Feind
droht mit Sturmangriff, und nur Moloch kann uns retten!