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[GAA, Bd. III, S. 287]

 


Thusnelda
Speise mit uns: Linsen, Erbsen, Wild und trefflicher Eber.
[22.] Varus
Ich bitte um Eber.
5Er erhält Wildschweinsbraten und ißt
Pluto, der ward dreimal in den Acheron getaucht, wie Achil-
les. Kräftig ist er, unläugbar, auch delicat, — du siehst, Her-
rin, mit welchem Appetit ich davon esse, — deine Küche ist
ausgezeichnet, wahrhaftig — Sie macht auch rasch satt.
10Thusnelda
Störts dich, daß der Braten ranzig ist? Wir lassen mit Vor-
satz ihn so werden, weil er erst dann scharf in die Zunge
beißt.
[23.] Varus
15 De gustibus non est disputandum.
Thusnelda
zum Gesinde
Satt?
Das Gesinde
20 Ja.
Thusnelda
mißtrauisch
Lügt nicht, Völker. Eßt noch.
Das Gesinde
25 Gewiß, wir sind satt.
Thusnelda
So geht. Mägde, räumt ab. — Doch, Knechte, haltet. Ihr
habt gegessen, und dort blicken die Pferde hungernd und
durstig über leere Krip-[24.]pen auf die Tenne? Pfui, erst
30 sättigt man das angebundene Vieh, das sich nicht helfen
kann und dann sich selbst.
Knechte
beschämt, die Pferde fütternd und tränkend
Die hat ihre blaufunkelnden Augen auch überall!
35Varus
Hohe Frau, ich beklage dich wegen des Treibens in welchem
du hier dich bewegen mußt. Wie leicht dir, dich an Roms
gebildetere Sitte zu ge-[25.]wöhnen. Gar Livia, die Kaiser-
gemahlin, sehnt sich nach dir.
40Thusnelda
Sie soll gastlich empfangen werden, wenn sie mich besucht. —