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[GAA, Bd. III, S. 326]

 


Thusnelda Sitz' ich nicht auch darunter? Mein Gesinde ehrt
mich, ich ehr es wieder. So gleichen Herren und Diener
sich aus.
Varus Ländlich, sittlich, doch italisch ists nicht.
5Er setzt sich
Thusnelda Speise mit: Linsen, Erbsen, und Wildschweins-
braten.
Varus Die Hülsenfrüchte scheinen trefflich. Mein Gaumen
ist nur noch zu wenig daran gewöhnt. Aber der Braten
10 wird um so ansprechender, kräftiger und delikater sein —
Er ißt, und niest gleich darauf Kastor und Pollux, das
beißt in die Zunge und stinkt in die Nase!
Handschrift Thusnelda Der Eber ist ranzig. Wir lassen ihn mit Vorsatz
Erstdruck so werden. Er erhält dadurch einen eigentümlicheren, schär-
15 feren Geschmack.
Varus De gustibus non est disputandum. Ich bin satt.
Thusnelda zum Gesinde Seid ihr es auch?
Das Gesinde Ja.
Thusnelda mißtrauisch Lügt nicht. Eßt noch.
20Das Gesinde Wir können nicht mehr.
Thusnelda Räumt ab, Mägde. — Knechte, wo habt ihr eure
Augen? Müssen euch die Pferde mit den ihrigen suchen?
Dort blicken sie hungernd und durstend über die leeren
Krippen auf die Tenne. Pfui, wer speist selbst und ver-
25 säumt sein angebundenes Vieh?
Knechte beschämt, die Pferde fütternd Handschrift und tränkend Die hat
die Augen überall.
Erstdruck Einer Mir wirds grün und gelb vor den meinigen, wenn ich
die ihrigen so blau auffunkeln sehe.
30Varus Hohe Frau, wie beklag ich dich wegen des Getriebs,
in welchem du dich bewegen mußt. Wie leicht dir, dich
an Roms gebildetere Sitten zu gewöhnen. Gar Livia, die
Kaisergemahlin, sehnt sich nach dir.
Thusnelda Sie kann ja hieherkommen. Was klirrt? Zu einer
35 Magd Das Salzfaß zerbrochen? Wer einmal etwas zerbricht,
macht immer Stücke — Fort aus meinem Dienst. Heule
nicht, es geht nicht anders. Nimm diesen goldnen Ring mit.
Varus Du bist so hart als mild.
ThusneldaHandschrift  Kann man in Cheruska anders? Um uns: die
40 rauhe, karge Natur voll Sand und Wald, die uns zwingt,
das Geringste zu beachten, damit wir einen mäßigen Wohl-