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[GAA, Bd. IV, S. 96]

 


  Was die junge oder die alte theatralische Garde in Berlin
denkt oder wünscht, wenn sie die Mamsell Sonntag erblickt,
weiß Jeder, der die Leute kennt. Diese eben nicht schöne,
ja nicht einmal feurige, aber ziemlich kalt reflectirende Sängerin,
5weiß recht gut ihre feine Coquetterie in Blick, Bewegung,
Putz und Stimme anzubringen, und so lange es dauert, gefällt
sie dadurch manchem Narren, der sich leicht in Theaterprinzessinnen
verliebt. Signor Paganini, ihr Gegenstück, coquettirt
mit dem Publico in anderer Art. Dieser Mensch hat zweifelsohne
10Genie, — er ist aber nichtsdestominder ein musicalischer
Charlatan geworden. Seine Kunststücke auf der G Saite, ewig
und immer die alten, haspelt er in jeder Stadt wieder neu ab,
und ein Frankfurter oder Berliner Referent sollte sich schämen,
wenn er emphatisch abermals das berichtet, was wir
15schon längst seit Paganinis erstem Auftreten in Wien wissen.
Aber Paganini, der bei seinem ziemlich häßlichen Aussehen,
nicht die Rolle einer männlichen Sonntag (sit venia verbo)
spielen kann, hat dafür bei dem Vortrage seiner Kunststücke
statt einer liebenswürdigen Fratze, eine melancholische
20 angenommen. Paganinis Melancholie möchte wohl mit
den Geldsummen zusammenhängen, die er in England deponirt
hat oder deponiren will.

  Ist aber alles das nicht in einer Zeit entschuldbar, wo
sogar Könige, die keinen Geldzweck haben können, sondern
25bloß von überspannten Ansichten ihrer poetischen Kraft getäuscht
seyn müssen, Gedichte herausgeben, welche weder Dichtergenie
noch grammaticalische Kenntniß verrathen? Der jetzige
König von Baiern hat genug Gutes und Großes gethan,
als daß ihm etwas am Dichterruhme gelegen seyn könnte, —
30Er kann gewaltiger und erhabener dichten, als irgend ein
Poet in seinen Staaten, Er kann als Herrscher schaffen, — Er
thut es auch, und dieses Ποιειυ ist ein besseres Gedicht als
alle die Verse, welche er den so oft flachen, meistens aus persönlichen
Gründen lobhudelnden oder schimpfenden Kunstrichtern
35der Gegenwart oder Nachwelt vorlegt. Friedrich der
Einzige und Napoleon ließen ihre schriftstellerischen Werke
erst nach dem Tode in die Welt gehen, — jetzt scheint aber
fast die Zeitung der Revolution, die Dichtung der That voraneilen
zu wollen.

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  Alles das ist wieder Schuld der Zeit, — sie ist so schlecht,
daß sie nach etwas, das ihr besser scheint als sie selbst ist,

 

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