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[GAA, Bd. IV, S. 203]

 


ersten Acten, zu sehr herausgeputzt. In dem Flitterstaat konnte
sie unmöglich am Feuerheerde ihre angebliche Kocherei besorgt
haben, und hätte darin noch weniger das Herz eines
alten Weiberkenners und Weiberhassers gewonnen. Sonst war
5sie lobenswerth, außer daß sie bisweilen, wenigstens als Gastwirthin,
zu sicher und selbstgefällig Handschrift erschien.

Grabbe.Handschrift 
28.
Handschrift Stadt-Theater.

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  Mittwoch, den 16. März: 1.) Des Goldschmidts
Töchterlein. Altdeutsches Sittengemälde in 2 Aufzügen
von Carl Blum.

  Wie Carl Blum diese Lappalie ein altdeutsches Sittengemälde
benennen kann, versuch' ich nicht zu enträthseln, weil die
15specielle Auflösung ihm zu sehr mißfallen möchte. Nur das
sag' ich im Allgemeinen, daß sein altdeutsches Sittengemälde
nichts ist als eine moderne Comödienphraseologie mit abgeschabten
alten Personen- Zeit- und Ortsnamen. Doch ist's
nützlich, Handschrift auch Stücke dieser Art dann und wann als Zeichen
20einer hoffentlich bald ganz verschwindenden Theaterperiode
der beiden letzten Decennien, in welchen die Schaale alles,
der Kern nichts galt, zu sehen. Denn auch Schwächen belehren
und machen den Klugen, je schlimmer sie sind, desto aufmerksamer
auf das Tüchtige, und so begieriger darnach zu suchen.

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  Den Schauspielern war äußerst Handschrift wenige Gelegenheit gegeben,
sich auszuzeichnen. Denn C. Blum, der hier selbst gearbeitet,
und nicht übersetzt hat, scheint in seinem eignen Geist nichts
von den Schlagwitzen und Situationsaufschraubereien seiner
Urbilder zu haben. Der Ritter Egbert bemühte sich aus Kräften,
30Feuer in seine Rolle zu schaffen. Bronner, der Goldschmidt,
nahm die seinige mit Recht (denn Goldschmide sind
in der Regel ziemlich kaltblütig, und hier konnte vielleicht
der Contrast zwischen ihm und Egbert dem Ding etwas aufhelfen)
um so mäßiger, und die Walpurgis spielte tadellos. Es
35half nichts, das Stück ging ohne bedeutenden Beifall vorüber,
und dem Handschrift folgenden: