| [GAA, Bd. IV, S. 142] es auch nicht aufgelös't, vielmehr hat sie ihre Locken bloß phantastisch geschmückt. Nur das sagt Shakspeare. Er wußte wahrscheinlich über- [S. 42] dieß, daß aus Liebe unsinnige Frauen ihren Putz eher übertrieben verzierlichen, als zertrümmern. 5Ein Kleines wär's für die Versing, dieses künftig zu verbessern, und die Ophelia neuer, graziöser und richtiger zu geben, als man sie seit der Addington geseh'n. Die Todtengräberscene, von den Herren Jenke und Uber, mit etwas schnapslallender, schwerer, aber dermalen grad nicht zu besoffener 10Zunge köstlich gegeben, war ein Meisterstück aus der mittlern niederländischen Malerschule. [S. 43] X. Stella.Nicht gar lang nach dem Hamlet führte man Stella auf. Stella 15ist eines der mittelmäßigen Dramen Goethes. Er folgte nach seiner Art der Aufregung, welche er meist selbst geschaffen (hier der Ossian-Wertherschen Empfindsamkeitsperiode), so lang bis er merkte, diese Lampe wolle erlöschen, und es müsse eine neue angezündet werden, was er auch bis an das 20Ende seines Lebens so klug als glorreich gethan. Kein mir bekannter Dichter steht ihm in der genialen Gewandheit gleich. Ich dachte "ich muß das Dings seh'n, wär's auch nur, ob es sich endlich irgendwo auf dem Theater macht!" Und es machte sich so gut, daß ich nur sagen mag: das Haus war 25bei der folgenden Vorstellung besetzter als bei der ersten, die oberste Gallerie auch zum zweitenmal gefüllt. Das Urtheil der Gallerie verachte man nicht, obgleich sie nicht gedruckt rezensirt. Sie urtheilt nach Kopf und Brust, beweis't es mit ihrem Besuch, und ein Künstler, der nicht auch der Masse 30gefällt, ist ein Halbwissenschaftler. [S. 44] Vieles trug zu diesem Erfolg bei, daß Goethe nirgend ganz die Natur verläugnet, noch mehr, daß alles Unnütze, von dem Dichter in der ersten Begeisterung, die oft mehr werth ist, als ihr Product, Hingeschriebene gestrichen war, und Immermann aus 35dem fünfactigen Stück ein dreiactiges gemacht hatte. Ich habe Stella nie zum andrenmal gern gelesen, doch auf unserem |
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