| [GAA, Bd. IV, S. 60] zu bleiben, aber sie schließt doch eine ziemliche Anzahl recht brauchbarer Subjecte in sich, und, was ein Vorzug ist, den die größeren Bühnen am ersten entbehren: die Gesellschaft ist unter einander eingespielt.5 Lobhudelei ist Referentens Sache nicht: er sagt daher über die einzelnen Mitglieder der Truppe nur das, was ihm begründete Wahrheit scheint, und wenn er Fehler nennt, so sind es bloß solche, die er für verbesserlich, also ihre Anzeige für nützlich hält. — In der Oper ist Mad. Spengler 10die Primadonna. In einigen Partien, selbst als Königinn der Nacht, [S. 15a] leistet sie viel, aber ihre Stimme hat doch nur mäßigen Umfang, und Mad. Spengler besitzt nicht genug Kunst, um dem Verbrauchten, welches aus der Stimme hervorklingt, neuen Reitz zu geben. Guter Rath ist oft bitter, aber um so 15heilsamer: Mad. Spengler könnte noch lange eine jugendliche Liebhaberin in der Oper abgeben, wenn sie nicht die Manier hätte, fast allein mit Verziehung der Lippen zu sprechen, wodurch sie ihren Gesang schlecht decorirt und ihre Gesichtszüge entstellt. — Auch im redenden Schauspiel spielt Mad. 20Spengler brav. — Frischer ist die Stimme der Mad. Braun- hofer; ihr Spiel erregt Interesse. Als Rosine im Barbier von Sevilla wird sie Jeden befriedigen. Leider bildet diese Dame bei ihrer Kränklichkeit oft ein sehr passives Capital und das Engagement einer sie im Nothfall substituirenden 25Sängerin ist unumgänglich. — Mad. Hoffmann d. J. ist in Soubretten-Partien eine heitere Erscheinung. Freilich leidet sie an dem Fehler, mehr ihr eignes, übrigens sehr graziöses, Benehmen, als den Charakter ihrer Rollen zu produciren. Originelle Auffassung, Feuer und markirtes Spiel mangeln ihr. 30So löblich sie als Cendrillon, als Käthchen von Heilbronn ist, räth man ihr doch, sich nie wieder mit Rollen als der Fanchon zu molestiren. Ihre Stimme ist bedeckt, sie sucht aber ersichtlich das Mögliche zu leisten. Eine hübschere Jünglingsfigur, als ihren Pagen in der Oper Jean de Paris hat Referent nie gesehen. 35Selbst schon nach Riccoboni ist bei dem Mimen nächst der Sprache, das Auge das entscheidendste Merkmal; die Mad. Hoffmann ahnt dieß, pflegt aber auf die störendste Art, aus Angewöhnung oder aus Neugier, ihre Augen, aus der Rolle hinaus, im ganzen Theater umherzusenden; Ruhe des Auges 40würde ihr besser anstehen. — Herr Strobe, erster Tenorist, besitzt einen anmuthig kräftigen Tenor und singt mit Begeisterung; |
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