| [GAA, Bd. IV, S. 62] welchen er als Liebhaber nie finden kann. — Herr Greenberg giebt ältere Charakter-Rollen in Familienstücken brav. Verse vermag er nicht zu recitiren. — Ein genügender Intriguant fehlt. — Herr Pichler jun. spielt ältere komische 5Rollen trefflich; bei jüngeren Rollen scheint ihm seine eigene jugendliche Persönlichkeit zu nahe zu liegen, als daß er sich aus derselben hinaus, in den fremden Charakter zu denken vermöchte. — Mad. Lortzing, erste Liebhaberin, ist im Vortrage manierirt und besitzt keine gute Haltung. — 10Die Dem. Herzinger verbindet mit einem hübschen Äußern ein fleißiges Spiel. Sie ist zu warnen, nicht zu viel von der Labial-Deklamation ihrer Lehrerin, der Mad. Spengler, sich anzugewöhnen; denn frühe Gesichtsentstellung wäre die Folge. — Mad. Herz deklamirt in Rollen alter Mütter 15mit französischem Trauerspiel-Pathos. — Das Orchester wird vom hiesigen Hautboisten-Corps gebildet, und verbessert sich unter der Leitung des braven Musikdirectors Herrn Hoffmann merklich. Bei etwas mehr Strenge würde Herr Hoffmann die Sänger und das Accompagnement 20in noch sichrerer Harmonie halten, als bisweilen geschieht, und eine schärfere Beobachtung des Forte und Piano wäre bei unserer Instrumental-Musik wünschenswerth. Decorationen mahlt der hier angestellte Herr Fries d. Ä. Seine Prachtzimmer sind oft zu überladen, jedoch nicht ohne 25Zierde; Straßen und einfache Stuben gelingen ihm weniger. Die Walddecoration ist dünnes Buschwerk und reicht nicht einmal bis in die Coulissen hinein; auch vereint sie zugleich herbstliche und sommerliche Belaubung. Ein paar tüchtige Baumstämme würden effectvoller sein, und wir sind hier 30in der Natur an den Anblick des schönsten Laubholzes gewöhnt. Uebrigens besitzt Herr Fries d. Ä. großen Fleiß und große Routine. Es heißt, die mehrjährige Existenz der Schauspiel-Gesellschaft des Herrn Pichler sey dergestalt von hier aus garantirt, 35daß zu ihrer Erhaltung Nachschüsse in das Ausland erfolgen. Nichts desto minder hat sie im verflossenen Jahre nur 3 Monate bei uns gespielt, und schon am 28sten December uns wieder verlassen, um nach Münster zu gehen. Selbst die Münsterer müssen auf die Länge mit dieser auch sie treffenden 40Zerreißung der besten winterlichen Theater-Saison sich so gestört fühlen, daß sie endlich eine andere Truppe an sich |
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