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[GAA, Bd. IV, S. 94]

 


ist ihnen oft mehr werth als das recensirte
Buch, denn — es ist eine Recension, — eine Pflanze lernen
sie eher aus Linné's System kennen, als in der Natur selbst,
denn — sie steht in einem System. Analogisch geht's ihnen
5grade so bei den Weltbegebenheiten.

  Aber so ruhig unsere Zeit scheinen, so ruhig man sie betrachten
mag, der nachdenkende Beobachter schaudert doch
zuletzt zusammen: unter den Gebildeten (und diese wirken
auf die Masse vermöge der vielen Mittheilungsmittel mehr
10zurück als je) Weltüberdruß allethalben, — selbst der Mystiker
ist von ihm angesteckt, nur flüchtet er davor nicht in
den sinnlichen Wust des Lebens, sondern in seine überirdischen
Himmel. Wie wenig Achtung vor den alt-bürgerlichen und
religiösen Institutionen! Wie viel Tausende, welche diese Achtung
15zu haben glauben, brauchen nur geprüft zu werden,
um selbst zu fühlen und Anderen zu beweisen, daß sie dieselbe
nicht besitzen. Wie Wenige kennen und schätzen die
Bedeutung von König, Staat, Geistlichkeit und Adel? Sogar
das nicht historische, das persönliche Verdienst wird
20bloß da respectirt, wo Stimmführer (meistens elender als der
Pöbel, den sie leiten) darauf hinweisen, oder Geldbesitz ihm
die Mittel gibt, sich wichtig zu machen. Alles liegt chaotisch
durcheinander, und Zeit ist es, daß der Geist Gottes wieder
über den Wassern schwebe. Möglich, daß er schon da ist, —
25manche Brust schlägt hoch auf bei dem Gedanken einer besseren
Zukunft. — Die Erdbewohner haben nur Eine Periode
gehabt, — die hieß Rom, und sie ist wieder in zwei Abschnitte
getheilt, in die kriegerische und in die christliche Weltherrschaft,
welche letztere aus der ersteren folgte, oder doch
30genau damit zusammenhing. Eine andere Periode ist im
Annahen, — neue Lebensfrische wird sie um sich verbreiten,
aber nach 1800 Jahren werden ihre neuen Institute eben so
veraltet seyn wie die, welche wir jetzt alt nennen.

  Bei alle dem sieht's an vielen Orten des Erdballs noch
35ziemlich fröhlich oder doch lebendig aus. Und mit Ursache.
Von der Vergangenheit haben wir große Erinnerungen, für
die Zukunft dunkle Hoffnungen, und die Gegenwart gibt
uns, was wir suchen, — Genuß.

  Was das Volk im Palais Royal, der Padischah in seinem
40Harem, mancher Fant unter den Linden in Berlin, unter Genuß
verstehen, sey, wie es sich gebührt, bei Seite gestellt. Die