| [GAA, Bd. IV, S. 186] oder sonst was (man kann ja bei der fehlenden Signatur nicht wissen, welche Sorte es ist) den Recensenten Anonymität vorwirft und selbst anonym bleibt? Die von diesem Anonymus angegriffene Kritik ist mir fremd, jedoch die Sache selbst verdient 5Erwägung. Wer Oeffentlichkeit fodert, muß sich denselben Bedingungen unterwerfen, welche er von Anderen begehrt, sonst macht er es noch schlimmer als der Andere, indem er ihn schilt und sich doch, mit Hülfe des ausgescholtenen Fehlers, über ihn stellt.10 Da das alles nach Kleinstädterei riecht, so mag es entschuldigt werden, wenn ein Unparteiischer dieses just bei der Beurtheilung der heutigen Aufführung der Kotzebueschen Kleinstädter gelegentlich vorausschickt. Der alte Kotzebue spinnt zwar seine liebenden Personagen, 15die er einmal für nothwendige Fäden seiner theatralischen Productionen hält, in all seinen Stücken eine aus wie die andere, aber die Wollweberei geht ihm flink von der Faust, und man sieht bei ihm nicht, wie bei dem subgenialen Raupach, meilenweit voraus die beklagenswerthen Witze und Situationen 20sich herankrüppeln. Sand hätte seinen dummen Streich in Mannheim lassen sollen, und wir hätten Klügeres auf der Bühne als endloses Klingeln von raupachschen Schelle'n, welches, da es einmal gewirkt hat, bis in die Ewigkeit fortgeläutet wird. Die Kotzebueschen Kleinstädter sind indeß 25auch kein Lustspiel. Ein solches muß die Charactere, Situationen und Züge aus Welt und Leben wiedergeben, wie sie sind. Er hat übertrieben, ist sogar selbst kleinstädtisch, indem er nicht bemerkt, daß sein Wien und Berlin, ja, kaum Paris, (wo man noch immer Equipagen, Leuten, Heirathen u. dgl. 30nachspürt und nachschwatzt) Großstädte sind, sondern nur London ein unbezweifeltes Recht darauf hat, sofern man nicht gar ganz Europa, welches sich von Tag zu Tag mehr zubaut, bereits Eine Stadt nennen will. — Der Autor lieferte eine Farçe, und man lachte herzlich, welches genug war. Herr 35Henckel war unübertrefflich. Das sagt wenig, weil es zu allgemein klingt. Ich bitte aber, daß sich die Zuschauer nur an den Hammelproceß erinnern, den er immer in petto hatte. Er übertrieb dabei nicht, sondern that vielleicht noch zu wenig, wie ich aus eignen Erlebnissen wegen einer 24 Jahre 40gepflegten beprocessirten und während des Processes endlich crepirten Ente versichern kann. Die Kunst muß sich oft |
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