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Nr. 626, siehe GAA, Bd. VI, S. 257nothumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Wolfgang Menzel (Stuttgart)
Brief

      Hochgeehrtester Herr Hofrath!

  Anbei liegen Hannibal, Aschenbrödel und eine Abhandlung
über das hiesige Theater. Die letztere scheint das hiesige
Theater sehr hoch zu stellen, es ist aber wahr, es steht so
10hoch. Fragen Sie den ersten Schauspieler Deutschlands, der
hier hat gastirt, Seydelmann, und er wird's bezeugen, besonders,
wenn er bedenkt, wie seit seiner letzten Anwesenheit
immer noch mehr an den Darstellern fortgezimmert worden.

  Immermann hat mich in der That vom Tode gerettet. Nicht
15wegen Noth eben, aber aus Mißmuth war ich lebenssatt.

  In beiliegenden Productionen sind vielleicht einige Äußerungen,
die auffallen, besonders über constitutionelles Wesen.
Aber ich gestehe, ich liebe Despotie eines Einzelnen, nicht
Vieler. Und Rotteck, Zschokke, Wessenberg — sie sind alle
20halb, wissen nicht, daß sie sich selbst durchschneiden, und
beide Enden verfaulen müssen.

  Ich schreibe jetzt Armin oder die Hermannsschlacht. Meine
lippische Heimath soll drin seyn.

  Sie werden ein Dings über Bettinas Briefwechsel erhalten
25haben. Es ist von mir, aber gehört jetzt dem Dr. Runkel allhier,
der es von mir geschenkt erhalten, aber verbessert hat.
Es schadete nichts, würd' es im Literaturblatt abgedruckt, nur
bitt' ich, ja meinen Namen nicht darunter zu setzen. Ein Narr
hat viele andere, und Goethe hat's größte Gefolg. Es schadete
30dem Absatz meiner neueren Sachen.

  Mir wär' es sehr lieb, wenn im Literaturblatt der Hannibal,
Aschenbr. und die Theaterabhandlung bald recensirt würden.


  p. 17, Z. 11 von oben ist in der Geschichte über das
35Düsseldorfer Theater das „nicht“ zu streichen. Leichtere Druckfehler
erkennt man schon.

  Nach dem Armin will ich ein Lustspiel, Eulenspiegel, schreiben,

[GAA, Bd. VI, S. 258]

 


und dazu eine Tragödie: Alexander der Große. — Ein
paar Zeilen Antwort? — —

Düsseldorf, 22. Jun. 1835.Mit Hochachtung Ihr

Grabbe.