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Nr. 666, siehe GAA, Bd. VI, S. 294nothumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Wolfgang Menzel (Stuttgart)
Brief

            Noch auf dem Siechbett geschrieben.
        Verehrter Herr!

  In Antwort auf Ihr Schreiben vom 20 v. M., welche meine
wiederholten Krankheitsfälle verzögerten: 1.) Runkel hat
5mich abscheulich angeführt, ich schenkte ihm die Recension,
sie zu verbessern, ja umzuändern. Er schickt sie roh in meinem
Concept zu Ihnen, und hat gewiß Honorar für sich gefodert
was ich mir beim Literaturblatt, welches mir oft günstig war,
verbat. Und er versicherte mir, er hätte das nicht gethan.
10Weil er meine neuesten Sachen schlecht im Druck corrigirt,
gab ich ihm diese Piece und leider andere Skizzen, die er
ausarbeiten sollte. Ich will das Zeugs von Bettina dem Gutzkow
überlassen, weil ich ihm, ehe ich sein Verhältniß zu
Ihnen kannte, einen Beitrag zu einem Journal, das er mit
15Wienbarg, der so übel nicht, geben wollte. Er handelt gegen
Sie widerwärtig, ich hatte auf meinen Reisen nicht Zeit, noch
Gelegenheit diese Debatte kennen zu lernen, erst neulich machte
mich eine Erwiederung im Morgenbl. von Ihnen aufmerksam
darauf. Die Bettina-Sache wird mir beim Publico vermuthlich
20schaden, nicht weil sie unrecht ist, sondern wegen
des Compagnon, aber ich will ihn bitten, meinen Namen
auszulassen, allein ich fürchte er thuts schwerlich. 2.) Mein
Beitrag zum Album für Schillers Denkmal liegt bei. Ich
könnt's nicht anders machen, weil ich mich nur auf verwickeltere
25dramatische Compositionen verstehe, und selbst bei einer
großen Gelegenheit wie diese von Schillers Denkmal, welche
aber Talent der Kürze fordert, nur so wie geschehen, mich
retten mußte. Kürze besitz' ich, doch bloß, wo sie sich in
weitläuftige Handl. einflickt, nicht aber zu Denksprüchen.
30Nicht Shakspeare, nicht Goethe, — Schillers Feuer machte
mich zum Dichter. 3.) Mit Immermann steh' ich auf eignem
Fuß. Er hat viel für mich gethan, aber bald Spannung, bald
Friede. Verschiedene Naturen. Für's hiesige Theater thut er
Unsägliches unter den schwierigsten Verhältnissen. 4.) Sprech
35ich ihn vielleicht heute. Er war nicht in Elberfeld bisher. Thu'
ich's nicht, so schick' ich ein Billet an ihn, um Antwort bis
morgen Abend. Denn übermorgen geht dieser Brief ab. —
Ich war und bin noch recht krank. Meine Hermansschlacht
naht in letzter Abschrift ihrem und der Römer Ende. 5.) Recensionen
40bald über meine letzten Sachen, si possible, von Ihnen,

[GAA, Bd. VI, S. 295]

 


oder doch von einem unparteiischen Mitarbeiter in Ihrem Blatt.
— Häring hat's sauber gemacht und offenbar nur wegen
Immermanns in sein[em] Freimüthigen der da so heißt wie
lucus a non lucendo. Man sagt: Neujahr ginge sein Wisch
5unter.:

  Düsseldorf den 22. Nov. 35.Gehorsamst Grabbe.

  Ex post: Immermann erklärt eben, Geschäfte hinderten
ihn am sofortigen Beitrag zum Album.

  Verzeihen Sie einer krankenden Hand diese corrigirten Zeilen.
10

  Düsseldorf 25. Nov. 35. Ihr Grabbe.